Fernseh-Dokumentation von Eric Friedler in der ARD
Im Jahr 1977 fand ein Fußball-Freundschaftsspiel zwischen Deutschland und Argentinien statt. Kurz zuvor war eine deutsche Studentin, Elisabeth Käsemann, von der argentinischen Militärdiktatur gefoltert und ermordet worden.
Das Tragische und Erschütternde an diesem Mord war die Tatsache, dass es keine diplomatischen Bemühungen von deutscher Seite gab, die 30-jährige junge Frau frei zu bekommen.
Weder die Politik, noch der Deutsche Fußballbund hatten ihre Instrumentarien genutzt oder überhaupt Ansätze von Bemühungen gezeigt, der Deutschen zu helfen.
Der damalige deutsche Botschafter in Buenos Aires, unterstellte der jungen Frau eine terroristische Gesinnung.
Der seinerzeitige DFB-Chef wusste vom Tod Elisabeth Käsemanns und sandte die deutsche Fußball-Nationalmannschaft zum Freundschaftsspiel nach Argentinien, die über kein Wissen zu dem Fall verfügte.
„Ach, das Mädchen Käsemann.“ So soll sich im Frühjahr 1977 der deutsche Außenminister während der Vorbereitungen des deutschen Fußballteams geäußert haben. Mehr soll er öffentlich nicht gesagt haben.
Eric Friedler stellt dem Zuschauer so die Geschehnisse dar um den Mord und das Fußballspiel 1977 – in seinem Dokumentarfilm „Das Mädchen: Was geschah mit Elisabeth K.?„, der jetzt in der ARD gezeigt wurde.
Und weiter: Der Zuschauer erfährt, dass Elisabeth Käsemann die Tochter eines Theologieprofessors und Widerstandskämpfers der NS-Zeit war und zu einer Sozialaktivistin wurde. Sie demonstrierte gewaltlos in Deutschland wie der Studentenführer Rudi Dutschke, nahm sich dann der Dritten-Welt-Bewegung an und verschrieb sich der Befreiungstheologie. Sie arbeitete in den Armenvierteln von Buenos Aires und half Regimekritikern, fälschte für sie Pässe, damit sie Argentinien verlassen können.
Daraufhin wurde Käsemann von der Militärpolizei Argentiniens unter dem Vorwurf des Terrorismus nach El Vesubio verschleppt. Dabei handelte es sich um ein zum Foltergefängnis umfunktioniertes Feriendorf nahe der argentinischen Hauptstadt. Zeugen bestätigen, dass die Frau dort mit Elektroschocks misshandelt, systematisch sexuell missbraucht und schließlich ermordet wurde.
Erschütternd für die Betrachter der Dokumentation ist, dass sich beispielsweise die beiden seinerzeitigen Staatsminister im Auswärtigen Amt widersprüchlich im Film äußern, vor allem aber, dass der damalige Außenminister Genscher ein Interview überhaupt verweigert.
Unwillkürlich fragt sich der Zuschauer, warum das Auswärtige Amt 1977 nicht eingegriffen hat. Gerhart Baum, der damalige Parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium erklärt das den Zuschauern so: „Es war eine Phase der Hysterie. Ein Klima der Terrorismus-Angst. Das hat sich auf das Handeln ausgewirkt.“ Offenbar wollte man nicht eine der linken Szene zugehörige Aktivistin in Deutschland haben, wo es gerade extreme Schwierigkeiten mit der RAF gab.
Das ist ein Armutszeugnis für die Politik – dieses Empfinden drängt sich dem Zuschauer auf.
Denn Gerhard Baum führt weiter aus: “ Das Spiel hat Aufmerksamkeit gebunden, und diese Aufmerksamkeit hätte man nützen können.“
Damit erhält aber auch der Sport, hier getragen durch den Deutschen Fußball-Bund, ein Armutszeugnis. Der DFB, das heißt, seine Spitze, so erzählt der Film, war genau über die Gefangenschaft der Aktivistin informiert gewesen. Im Film hört man die Erklärung, der DFB habe in der Pflicht Argentiniens gestanden, so habe man es zumindest empfunden, da das Land mit geholfen hatte, dass die Fußballweltmeisterschaft 1974 in Deutschland ausgetragen worden war.
Aber auch einige der Fußballspieler jener Tage kommen in dem Film zu Wort, die diese Aussage in einem anderen Licht erscheinen lassen.. Stellvertretend sei hier Paul Breitner zitiert, der über den damaligen Chef des DFB sagt: „Er war der Einzige, der den Durchblick hatte, ein gnadenloser Geschäftsmann, für den es nur ein einziges Ziel gab: den DFB immer mächtiger werden zu lassen.“
Das System Politik und das System Sport, beide haben versagt und die Chance verpasst, ein Menschenleben zu retten – das ist die Botschaft, die der Zuschauer als Fazit von Eric Friedler und seinem Film bekommen.