Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner hat ein neue Agrargesetz nicht verwirklichen können, mit dem sie die Armut in Argentinien bekämpfen wollte. Der Senat, die gesetzgebende Körperschaft Argentiniens, lehnte höhere Exportabgaben für Getreide ab. Diese sollten von 35 auf 44 % angehoben werden.
18 Stunden wurde debattiert. Es gab ein Hin und Her auf und hinter der politischen Bühne. 36 Senatoren stimmten für und die gleiche Anzahl stimmte gegen höhere Ausfuhrzölle für Soja und Sonnenblumenprodukte. Die Entscheidung lag deshalb beim Vizepräsident Julio Cobos, der gleichzeitig Präsident des Senats, der kleineren der beiden Parlamentskammern ist.
Cobos gehört zur oppositionellen Radikalen Partei. Er sprach sich überraschend gegen das umstrittene Gesetz aus. „Ich kann mich in diesem Fall nicht auf die Seite der Regierung stellen“, erklärte er. „Das ist kein Verrat, ich handle nach meiner Überzeugung.“
Bauernvertreter triumphierten. Die Agrarlobby war die Gesetzesvorlage entschieden angegangen. Höhere Zölle, so der Argumentationsstrang der Estancieros, gefährdeten die Existenz zahlreicher Betriebe sowie den wirtschaftlichen Aufschwung des Landes.
Cristina Kirchner und ihre Regierung vertrat hingegen die Meinung, dass von den hohen Weltmarktpreisen für Agrarerzeugnisse auch der Staat stärker profitieren müsse, damit er im Kampf gegen die Armut zusätzliche Mittel einsetzen könne.
Welche Konsequenzen aus dem Senatsentscheids in politischer Hinsicht für die Präsidentin Kirchner und ihr Kabinett ergeben, kann man momentan nicht vorhersagen. Cristina Kirchner und vor allem ihr Amtsvorgänger und Ehemann Néstor, die dominanteste Figur in der argentinischen Politik, haben die Agrarzölle zu Basisfrage für ihre Regierung gemacht. So ein Stellenwert kommt ihnen zwar nicht zu, dennoch kann die peronistische Staatschefin nach ihrer Abstimmungsniederlage nicht einfach so tun, als ob nichts gewesen sei.
Auf dem Tagesprogramm dürfte jetzt die Klärung des Verhältnis zu ihrem Vizepräsidenten stehen. Militante Kirchner-Anhänger fordern den Rücktritt von Cobos. Dieser will jedoch trotz der großen Differenzen mit der Regierung im Amt bleiben.
Die Niederlage im Senat ist ein Zeichen dafür, dass Cristina Kirchner weniger fest im Sattel sitzt, als sie und ihre Sympathisanten glauben. Laut Meinungsforschern stehen lediglich 20 % der Argentinier vorbehaltlos hinter ihrer Politik.
Am Tag vor der Abstimmung erlebte Buenos Aires eine Massenkundgebung mit 200.000 Teilnehmern. Daran nahmen nicht etwa die Soja-Bosse teil. Es waren konservative Bauernorganisationen sowie auch zahlreiche linke Gruppierungen und soziale Bewegungen bis hin zu den Landlosen, die ihre Unzufriedenheit mit der Kirchner-Regierung zum Ausdruck brachten.
Fazit: Willen sich die Kirchners nicht ins politische Abseits stellen, so müssen sie in der Zukunft mehr den Dialog und weniger die Konfrontation suchen.