Argentinien Anleihen

Der Begriff "Argentinische Staatsanleihen", kurz: Argentinien Anleihen, taucht immer wieder in den Schlagzeilen der Medien auf. Das hängt mit der Argentinien-Krise, also der Wirtschaftskrise Argentiniens zwischen 1998 und 2002, zusammen, deren Auswirkungen noch im Jahr 2005 zu spüren waren, auch wenn die argentinische Wirtschaft seitdem ständig wächst.

Argentinien-Krise

Das Jahr 1998 war der Beginn der Argentinien-Krise, die bis 2002 andauerte. Der Abwärtstrend der argentinischen Wirtschaft vollzog sich in mehreren Schritten. Höhepunkte der Wirtschaftskrise war zum einen eine starke Rezession in den Jahren 1998/1999 und zum anderen der Zusammenbruch des Finanzsystems in den Jahren 2001/2002. Der Finanzkollaps leitete den Rücktritt des argentinischen Staatspräsidenten Fernando de la Rúa ein; es folgten Monate der politischen Instabilität.

Während der Wirtschaftskrise fiel das Bruttoinlandsprodukt Argentiniens um 21 Prozent. Die Armutsrate erreichte auf dem Höhepunkt der Krise Mitte 2002 57 Prozent, die Arbeitslosenrate 23 Prozent.

Ursachen der Argentinien-Krise

Um an die Ursachen der Argentinien-Krise zu gelangen, muss man einen Blick in die Geschichte des Landes werfen. Argentinien zählte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu den reichsten Ländern der Welt. Seitdem jedoch der Präsident Juan Perón 1955 aus dem Amt gesetzt worden war, stellte sich eine politisch sehr instabile Situation in Argentinien ein: die Regierungen wechselten ständig, einhergehend auch die Wirtschaftspolitik, die die unterschiedlichen Ideologien zu spüren bekam. Es stellten sich viele kleinere Wirtschaftskrisen ein, die man mit "aus den Ärmeln geschüttelten" Stabilisierungsprogrammen zu bekämpfen versuchte. Dies gelang jedoch nicht; im Gegenteil: die Situation wurde verschlimmert und es stellten sich horrende soziale Kosten ein. Ökonomen bezeichnen diese Entwicklung Argentiniens als einen kontinuierlichen Abstieg von der ersten in die dritte Welt.

Die große Wirtschaftskrise am Ende des 20. Jahrhunderts war eine Folge dieser allgemeinen instabilen Situation. Im Bereich der Politik hatte Argentinien seit 1983 durch die endgültige Rückkehr zu Demokratie zwar wieder festen Boden erreicht, nicht jedoch wirtschaftlich. Die Inflationsrate bleib hoch und zog harte Sparprogramme mit sich (z.B. Plan Austral). Eine gewisse Stabilität in wirtschaftlicher Hinsicht stellte sich 1991 ein, als Argentinien seine Währung, den Peso, fest mit dem Kurs des US-Dollars verband. Dadurch konnte die Inflation gestoppt werden. Doch auch dieser Stabilisierungsversuch blieb nicht ohne Folgen: auf dem Weltmarkt zogen die Preise argentinischer Produkte an, was wiederum zu einer Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit und zu einer negativen Handelsbilanz und einem großen Anstieg der Auslandsverschuldung führte.

Die eigentliche Krise ist durch ein Zusammenspiel mehrerer Effekte entstanden, und zwar durch - eine hohe Schuldenrate
- eine Überbewertung des Peso gegenüber dem US-Dollar
- Auswirkungen anderer südamerikanischer Krisen
- unzureichendes Vertrauen in das eigenen Finanzsystem
- eine Denationalisierung der Wirtschaft.

Was bedeutet das im einzelnen?

Bereits während der Militärdiktatur in Argentinien war die Verschuldung des Landes massiv gewachsen; Ursachen waren eine negative Handelsbilanz sowie Spekulationen. Danach stabilisierte sie sich, jedoch nur kurz. Während der Regierung Menem stieg sie auf 55 Prozent des argentinischen Bruttosozialprodukts. Ursache auch hier: die negative Handelsbilanz.

Im Jahr 1991 wurde die argentinische Währung (Austral, dann Peso) an den US-Dollar gebunden, also ein fixer Wechselkurs eingeführt. Der Kurs betrug:
10.000 Austral = 1 US-Dollar bzw.
1 Peso = 1 US-Dollar.

Dadurch konnte die Inflation eingedämmt werden. Die Inflationsrate hatte 1989 dreistellige Zahlen / Monat erreicht. Man spricht von der sog. Hyperinflationskrise von 1989. Die Inflation war jedoch nicht vollständig beseitigt, sie verblieb im ein- bzw. zweistelligen Bereich. Das machte die argentinischen Erzeugnisse auf dem Weltmarkt teuer. Die Folge in der 2. Hälfte der 1990er Jahre war ein Importüberschuss und eine negative Handelsbilanz. Was blieb anderes übrig als diese durch eine Neuverschuldung auszugleichen?

Auch in Mexiko und in Brasilien gab es Wirtschaftskrisen. Um diese zu meistern, hatte 1995 Mexiko (Tequila-Krise) und 1998 Brasilien seine Währung abgewertet. Die Konsequenz war eine Verbilligung der Produkte aus diesen Ländern auf dem Weltmarkt. Welche Folgen das für die argentinische Wirtschaft hatte, kann man sich ausmalen. Hinzu kam, dass einige argentinische Unternehmen sowie internationale Konzerne ihre Produktionsstätten nach Brasilien verlegten - wieder weniger Arbeitsplätze in Argentinien.

Die argentinische Bevölkerung vertraute aufgrund der Schwankungen in der argentinischen Wirtschaft ihren Banken nicht mehr. Es kam - besonders nach dem neuen Bankengesetz Ende 2001 und der nachfolgenden Abwertung 2002 - zu Panikreaktionen. Die Wirtschaft fiel noch weiter zurück.

Zu Beginn der 1990er Jahre wurden viele Staatsbetriebe verkauft, z.T. unter Wert. Die argentinische Wirtschaft wurde vom Ausland abhängig. Es kam zu Spekulationen und zur Kapitalflucht, eine Ursache der Bankenkrise Ende 2001.

Der Verlauf der Argentinien Krise

Die Rezession 1998/1999 hatte ihre direkte Ursache in der Krise, in der sich 1997 und 1998 Brasilien befand. Brasilien wertete (s.o.) seine Währung um die Hälfte des bisherigen Wertes ab. Brasilien ist Argentiniens bedeutendster Handelspartner; Argentinien und Brasilien gehören dem Wirtschaftsbündnis Mercosur an. Brasilien konnte durch die Abwertung seiner Währung große Wettbewerbsvorteile gegenüber Argentinien erreichen: Einfuhren aus Brasilien wuchsen und argentinische Produkte wurden von brasilianischen Produkten vom Weltmarkt verdrängt. Hinzu kam, dass sich Investoren aus dem Ausland aufgrund schlechter Prognosen zurückhielten.

Die Folge war ein Wirtschaftsrückgang von 4 Prozent im Jahr 1999. Auch im Jahr 2000 konnte sich die argentinische Wirtschaft nicht erholen, sie verzeichnete trotz einer Blindaje (Milliarden-Kredit) des IWF und privater Banken einen Stillstand. Die Rezession erhöhte die Zahl der Arbeitslosen drastisch; es kam zu Demonstrationen. Die Protestbewegung organisierte sich; die protestierenden Menschen nannten sich Piqueteros; sie gewannen nach 2001 zeitweilig große politische Macht in Argentinien.

Auch die Zahl der Unterbeschäftigten stieg in Folge der Rezession an, besonders die Zahl der Angestellten der sog. informellen Wirtschaft. Hier kann man die Catroneros anführen. Das sind Menschen, die Müll nach Recycling-Materialien durchsuchen und diese dann verkaufen, i.d.R. Papier und Kartons. Manche Städte, etwa Córdoba, versuchten, die informelle Wirtschaft, die sogar schon mafiaähnliche Strukturen entwickelt hatte, in einen formellen Rahmen zu überführen: sie beauftragten die Caroneros, die in Kooperativen zusammengefasst wurden, offiziell mit dem Recycling.

In diese Zeit viel auch die "Erfindung" der Schulde-Bonds in mehreren argentinischen Provinzen und auch durch den Zentralstaat; bei letzterem wurden die Bonds LECOP genannt. Staatliche Angestellte und Beamte wurden mit den Schulden-Bonds bezahlt, teilweise machten die Bonds über die Hälfte des Lohnes aus. Die Bonds sahen wir Geldscheine aus und wurden auch von vielen Geschäften als Zahlungsmittel angenommen, z.T. mit einem Aufschlag. Während des Höhepunktes der Krise im Jahr 2001/2002 nahmen die Schulden-Bonds einen großen Teil des argentinischen Zahlungsverkehrs ein.

Auch Tauschringe wurden in jener Zeit gegründet. Nur z.T. waren sie auf die freiwirtschaftliche Ideologie einer zinslosen Wirtschaft gestützt, überwiegend dienten sie jedoch lediglich dem Austausch von Diensten und Lebensmitteln um einen Ausgleich für die sinkenden Gehälter zu finden. Im Jahr 2001 fanden sich beinahe in jedem Stadtviertel jeder argentinischen Stadt Tauschringe. Es existierte sogar eine Dachorganisation, die Red Argentina de Trueque; sie brachte 2001 eine eigene Währung heraus, den Crédito. Mit ihr konnte man sogar Grundstücke erwerben.

Viele Politiker forderten aufgrund der stagnierenden Ökonomie und der negativen Handelsbilanz eine Abwertung der argentinischen Währung. Dies war jedoch nicht Ziel der Regierung, da sie Sorge vor Kapitalflucht und Spekulationen hatte. Heute weiß man (bzw. glaubt zu wissen), dass eine geordnete Abwertung der Argentinien-Krise die Schärfe genommen hätte.

Hier beginnt nun die Cavallo-Ära: Der Wirtschaftsminister Domingo Cavallo hatte eine Strategie entwickelt, um geordnet die 1:1 Bindung an den Dollar zu überwinden. Der Peso sollte sowohl an den US-Dollar als auch an den Euro, der tiefer als der Dollar stand, gebunden werden. Das Stichwort lautete: Bindung an einen Währungskorb. Zunächst wurde dieses System für den Außenhandel statuiert. Das war mit einer Abwertung von 5-8 Prozent gleichzusetzen. Der Wert des Pesos setzte sich zur Hälfte aus dem Wert des US-Dollars und zur anderen Hälfte aus dem Wert des Euro zusammen. Dieser neue Wechselkurs sollte in dem Zeitpunkt für alle Finanztransaktionen statuiert werden, in dem der Wechselkurs des US-Dollar zum Euro 1 betragen hätte, also 1 US-Dollar = 1 Euro = 1 Peso. Vorteile hätte dies jedoch nur gebracht, wenn der Euro mit dem US-Dollar gleichgezogen, danach aber wieder gefallen wäre. Das hat der Euro allerdings - wie wir heute wissen - nicht getan. Somit hatte der neue Kurs nur negative Folgen für die argentinische Wirtschaft gehabt, zumal der Außenhandel überwiegend mit Dollar-Ländern, nicht mit der Euro-Region geführt wurde. Besser wäre es gewesen, auch den brasilianischen Real mit in den Währungskorb einzubeziehen, denn Brasilien war der größte Außenhandelspartner Argentiniens.

Im Juli, August 2001 zeichnete sich eine Besserung der wirtschaftlichen Situation ab, es gab ein leichtes Wirtschaftswachstum. Doch dann kam der 11. September 2001, der der Beginn einer weltweiten Wirtschaftsdepression wurde. Die Anleger verloren ihr Vertrauen in die weltweiten Märkte und insbesondere in die Märkte der Krisenstaaten, wie es Argentinien war.

Ende November 2001 erklärte Domingo Cavallo, dass das vom IWF (Internationaler Währungsfond) geforderte Haushaltsziel nicht erreicht werden könne. Der IWF weigerte sich darauf, vorgesehene 1,25 Mrd US-Dollar an Argentinien zu überweisen. Die Folge: ein gewaltiger Vertrauensverlust für den Staat. Es setzte eine unglaublich schnelle Kapitalflucht ein, die das Bankensystem Argentiniens in eine große Krise riss. Um ein vollkommenes Chaos zu verhüten, wurde Anfang Dezember von Cavallo das sog. Corralito statuiert: eine Obergrenze von 250 Peso. Mehr durfte pro Woche nicht von einem Girokonto abgehoben werden. Cavallo musste einen Umtausch der argentinischen Währung in Dollar verhindern, da sonst Girokonten und Sparkonten von den Banken hätten nicht mehr ausgezahlt werden können.

Dieses Ziel konnte vordergründig erreicht werden, die Vertrauenskrise wurde jedoch durch die Einführung des Corralito verschärft. Dies galt sowohl für das Inland (besonders bei der großen Mittelschicht) wie für das Ausland. Am 13. Dezember wurde ein Generalstreik abgehalten und am 19. und 20. Dezember 2001 kam es zu Demonstrationen (Cacerolazo), die z.T. in Gewalt ausarteten. 28. Menschen starben hierbei. Schließlich musste Domingo Cavallo von seinem Amt als Wirtschaftsminister zurücktreten. Nur einen Tag später musste auch der argentinische Staatspräsident Fernando de la Rúa seinen Rücktritt erklären. Übergangspräsident wurde Adolfo Rodríguez Saá aus dem Peronistenlager. Seine Amtszeit dauerte nur 5 Tage! Er traf eine Reihe von hektischen Maßnahmen, die das seine Partei und ganz Argentinien verärgerten. Er wollte strikte Rationalisierungsmaßnahmen innerhalb des Staates sowie eine Zweitwährung, den sog. Argentino, schaffen. Mehrere Provinzgouverneure verweigerten ihm aber hierin ihre Gefolgschaft. Also: Rücktritt am 31.12.2001.

Das, an was sich aber jeder erinnern wird, wenn er an Saá denkt, ist dessen Erklärung der Zahlungsunfähigkeit gegenüber den Gläubigern des argentinischen Staates, also die Erklärung des argentinischen Staatsbankrotts. (Nur) Dieser Punkt aus seinem Wirtschaftsprogramm wurde von den nachfolgenden Präsidenten übernommen.

Am 1.1.2002 wurde Eduardo Duhalde argentinischer Präsident, ebenfalls ein Peronist. Er leitete die Abwertung der argentinischen Währung ein. Dies geschah in mehreren Schritten. Der erste Punkt war ein Öffnungsverbot für die Banken an mehreren Tagen, um panikartige Dollarkäufe zu verhindern. Der Peso wurde für den Außenhandel um 28 Prozent abgewertet, d.h., ein Dollar hatte einen Kurswert von 1,40 Peso. Im Binnenhandel war der Kurs frei, also schwankend.

Die Folge: Es kam zu den befürchteten Panik-Dollarkäufen und der Kurs des Dollars stieg auf über 2 Pesos innerhalb kürzester Zeit. Die Regierung schaffte nun auch den offiziellen Kurs für den Außenhandel ab, was nochmals Panikkäufe nach sich zog und den Kurs nochmals erhöhte.

Die Maßnahme, die regierungsseitig nun folgte, wurde Corralón genannt: Alle Konten über einem bestimmten Betrag wurden in festverzinsliche Sparbücher umgewandelt. Die Rückgabetermine wurden auf das Jahr 2010 gelegt. Weiter: Dollarkonten wurden als Pesokonten weitergeführt mit einem Wert 1:1,40; der Grund: sie hätten sich sonst im Wert vervielfacht. Sie mussten von den Banken erst nach Monaten oder sogar Jahren zurückgezahlt werden. Schulden hingegen waren mit dem Kurs 1 zu 1 zurückzuzahlen. Die argentinischen Gerichte untersagten diese asymmetrische Pesifizierung jedoch und man führte ein Anleihen-Programm mit dem Namen Plan BODEN ein; außerdem wurden die Schulden in der Relation 1 zu 1,4 + einem Inflationsanteil, dem CER, umgerechnet.

Durch diese Maßnahmen sank das Vertrauen in die argentinische Wirtschaft noch mehr, der Dollarkurs erreichte im April 2002 einen Wert von 3,50 Pesos. Die Zentralbank schritt ein und kaufte Pesos, so dass der Kurs auf 2,80 sank.

Was tat nun die Regierung? Sie führte unter dem Namen Plan Jefes y Jefas de Hogar eine Sozialhilfe von 100, dann 150 Pesos für arbeitslose Familienoberhäupter ein. Die Inflation fraß diese Hilfe jedoch beinahe auf. Der argentinische Währungskurs schwankte weiter stark, erreichte Mitte 2002 die Marke von fast 4 Pesos pro Dollar, so dass die Zentralbank erneut Stützungskäufe tätigte.

Die Unsicherheit bestand wegen der Lage der argentinischen Banken fort. Der Plan Bonex II bzw. Plan BODEN wurde strikt verfolgt: Konten in Dollar wurden in festverzinsliche Wertpapiere mit einer Laufzeit von fünf bis zehn Jahren (Boden) umgewandelt.

Durch den Corralón wurden große Teile der argentinischen Wirtschaft (Autos, Immobilien) stark zurückgeschraubt. Die Rezession erreichte Anfang des Jahres 2002 einen Wert von 12 Prozent.

Anfang der 2. Hälfte des Jahres 2002 begann die argentinische Wirtschaft sich zum ersten Mal zu erholen. Der Kurs des US-Dollars pendelte sich auf ca. 3,80 Pesos ein; das gab den Unternehmern (etwas) Sicherheit. Ende 2002 kletterte das Wachstum dann deutlich höher. Die konkurrenzfähigen Preise auf dem Weltmarkt, die durch die Abwertung erreicht worden waren, zeigten ihre Wirkung. Zu Beginn des Jahres 2003 schaffte man Corralito und das Corralón ab. Später im Jahr wurden auch die meisten Ersatzwährungen auf Grundlage der Schuldenbonds abgesetzt. Dadurch erreichte man einen Anstieg des Konsums. Der amtierenden Präsident Duhalde lies Neuwahlen durchführen, um den Staatsorganen eine Legitimität zu verschaffen.

Es war Néstor Kirchner, der die Wahl in der 2. Runde gewann. Sein Gegenkandidat Carlos Menem stellte sich der vorgesehenen Stichwahl nicht. Kirchner gehört dem linken Flügel der Peronistischen Partei an. Im Wesentlichen übernahm er den Wirtschaftskurs seines Vorgängers Duhalde. Die Wirtschaft wuchs konstant weiter, erreichte im Jahr 2003 einen Prozentsatz von 8,9.

Die Auswirkungen der Krise spürte man jedoch weiter. Seit Ende des Jahres 2003 gibt es in Argentinien des Öfteren Probleme mit der Energieversorgung. Gründe sind die hohen Rohölpreise, das verhältnismäßig starke Wachsen der Wirtschaft und fehlende Investitionen in der Infrastruktur. Bereits mehrfach wurde in Teilen Buenos Aires und anderen großen Städten von den Energieversorgern der Strom abgeschaltet; nicht nur in den Privathaushalten, sondern auch in Betrieben. Der Staat antwortete mit einschneidenden Maßnahmen: Privathaushalte werden beim Gas- und Stromverbrauch bestraft, d.h., sie müssen Aufschläge bis 100 Prozent zahlen, wenn wie nicht bestimmte Sparziele im Vergleich zum vorausgegangenen Jahr erreichen.

8 der 23 Provinzen haben Mitte 2004 erneut die Winterzeit eingeführt. Dieser Wechsel von Sommer- auf Winterzeit war in den 1980er Jahren ausgesetzt worden. Erdgasausfuhren nach Chile wurden um 40 Prozent gekürzt. Folge: Energieprobleme in Chile.

Im September 2004 trat eine Stabilisierung der Energieversorgungslage ein; die Temperaturen stiegen und die Energiesparaktionen zeigten Wirkung. Man hatte ab April begonnen, Verträge mit Energieunternehmen geschlossen und eine staatliche Erdölgesellschaft ins Leben gerufen, um eine Wiederholung der Energiekrise im Jahr 2005 zu unterbinden.

Die Argentinien-Anleihen

Es sind private Gläubiger, gegenüber denen Argentinien zum großen Teil verschuldet war und ist.

Nach der Abwertung des Pesos im Jahr 2002 war Argentinien nicht in der Lage, seine Zahlungsverpflichtungen an die privaten Gläubiger zu erfüllen. Also machte man sich daran, ein Umschuldungsangebot, canje, zu entwickeln.

Seine Schuldverpflichtungen gegenüber den multilateralen Gläubigern, zu nennen sind insbesondere der IWF oder die Weltbank, kam Argentinien, wenn auch z.T. zeitverzögert, immer nach. Den Gläubigern machte Argentinien 2004 mehrere Angebote mit einem Kapitalschnitt von 75 bis 65 Prozent. Grade aber ausländische Gläubiger lehnte dies ab, sie erwarteten mehr als 55 Prozent an Rückzahlungen. Argentinien konnte jedoch im Lauf der Zeit auf diplomatischem Weg die meisten Gläubiger für seine Vorschläge gewinnen. Italienische und deutsche Gläubiger zeigten sich jedoch weiterhin ablehnend.

An sich war vorgesehen, dass die Umschuldung Anfang Dezember 2004 beginnen sollte; tatsächlich war der Start am 12.01.2005. Eine Kapitalkappung von 50 Prozent war gegeben. Es wurden 3 neue Bonds eingeführt; die Gläubiger konnten hieraus wählen. Argentinien erkannte die seit 2002 aufgelaufenen Zinsen der bisherigen Anleihen nicht an, so das der Verlust deutlich über 50 Prozent liegt. Die neuen Bondtypen heißen: Bono Par ohne Kapitalschnitt, Bono Cuasi Par mit einem Kapitalschnitt von 30% und Bono de Descuento mit einem Kapitalschnitt von 70%. Diese Bonds stellen eine rechtliche Verschlechterung der Gläubigerposition dar. Es ist kein deutscher Gerichtsstand mehr gegeben, für den Fall, dass die Papiere erneut notleidend werden sollten. Das war bei den alten Argentinien Anleihen anders gewesen. Es müsste im Streitfall nach argentinischem Recht in Argentinien geklagt werden.

Die Gläubiger zeichneten Bona Par und Bono Cuasi Par; die auf 15 Mrd. US-Dollar und 23,4 Mrd US-Dollar beschränkt waren. Den Bono de Descuento erhielten Anleger, die darüber hinausgehende Kontingente erwarben. Der Bono Par bringt niedrige Zinsen und eine lange Laufzeit, der Bono de Descuento hat die höchsten Zinsen und eine kurze Laufzeit. Ein Anteil der Bonds - etwa 40 Prozent nach dem Ende des Umschuldungsangebots - ist an die Inflationsrate fixiert, wird aber in Pesos, nicht in US-Dollar berechnet.

Roberto Lavagna, seinerzeitiger Wirtschaftsminister Argentiniens erklärte, das das Umschuldungsangebot die einzige Offerte sein werde, die Argentinien den Gläubigern machen werde. Die argentinischen Gläubiger stimmten als erste dem Angebot zu. Sie hielten überwiegend Schuldpapiere über die argentinische Rentenkasse, AFJP.

Die Verhandlungen wurden Mitte Februar 2005 als abgeschlossen betrachtet. Stichtag war der 25.02.2005. 76,15 Prozent der Gläubiger hatten dem Angebot Argentiniens zugestimmt. - Nach dem Fristablauf forderten dennoch einzelnen Gläubigergruppen und Mitglieder des IWF ein neues Umschuldungsangebot. Argentinien lehnte dies jedoch ab.

Die Zukunft der argentinischen Wirtschaft

Die argentinische Wirtschaft wächst seit 2003 kontinuierlich. Dies ist in erster Linie der Abwertung der Währung zu verdanken. Denn dadurch wurde der Export gestärkt und die argentinische Industrie zur Importsubstitution anregte. Seit dem Jahr 2004 ist ein Anwachsen des Importgeschäfts zu verzeichnen. Ergo: die wirtschaftliche Situation normalisiert sich.

Allerdings bestehen auch heute noch (2007) Auswirkungen der Krise fort: die Armutsrate beträgt 31 Prozent, die Arbeitslosigkeit liegt bei 10 Prozent. Momentan zeigen sich neofeudalistische Strukturen in der Wirtschaft und Politik Argentiniens; diese sind entwicklungshemmend, was die Beseitigung der Armut und Arbeitslosigkeit angeht. Bezogen auf Armut gibt es zudem gewaltige Differenzen zwischen den Regionen. Z.B. liegt die Armutsrate in Resistencia bei 56 Prozent, in Ushuaia bei nur 5 Prozent.

Es wird sich zeigen, wie die Differenzen zwischen dem IWF und den Privatgläubigern mit Argentinien gelöst werden. Argentinien wird von den meisten der G8-Staaten, auch von Deutschland, unterstützt. Die Wirtschaftsexperten prognostizieren ein Wachstum von 4 - 9 Prozent für die nächsten Jahre.

Fazit zu den Argentinien Anleihen

Argentinien Anleihen waren eine Risikoanlageform. Argentinien Anleihen versprachen aber auch eine hohe Rendite. Nutznießer der Argentinien Anleihen waren also der argentinische Staat als auch die risikofreudigen Kapitalanleger. Dass sich das den Anleihen innewohnende Risiko durch die Argentinien-Krise verwirklicht hat, war nicht vorhersehbar, aber kalkulierbar.